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Bluewater Mooney - Tag 11 und 12



Ich schreibe jetzt am 04.12. um 03:41:11 UTC, das ist, wenn ich richtig gerechnet habe

00:43 Ortszeit, heißt Zeit der aktuellen Position.

 

An Bord bei uns auf Langstreckentörns gehen alle Uhren an Bord nach UTC (Universal Time Coordinated), dass vereinfacht das Umrechnen nach Deutschland oder zum Zielpunkt, aber die Zeit dort interessiert in der Regel nur bei Ankunft. Da es ohnehin keinen echten Tag / Nacht Rhythmus mehr gibt, ist diese Regelung unproblematisch. Nur Mond und Sonnenaufgang verschieben sich auf so einer Fahrt schon dramatisch, aber dadurch bleibt das Gefühl, dass man doch eine ganze Strecke auf der Erdkugel zurücklegt.

 

Die Berechnung der Ortszeit hat Nicole uns gestern noch einmal geschickt, als wir durch Interpolation versuchten, diese zu ermitteln. Nicole wiederum, hat diese aus Joshua Slocums Reiseberichten mit dessen SY Spray aus den Jahren (1895-1898). Diese Berichte, haben schon so manchen Segler geprägt. Ich bin über Bernard Moitessier  auf Slocum gestoßen, der sein Schiff Joshua taufte, und in seinen Reiseberichten immer einmal wieder Bezug auf Slocum nahm. Da Moitessier auch für mich als fernwehbesessenen Jugendlichen eine Faszination ausstrahlte, habe ich meine erste kleine Segelyacht, ein 8,5m GFK Werftbau, die ich als Student gekauft und in Stavoren (NL) hatte, ebenfalls Joshua getauft.

 

So, und dieser Slocum schreibt nun, unter Hinzufügung, dass dies nun jedes Kind weiß:

Von dem Null Längengrad (UTC) sind für 15 Grad 1 Stunde und für 1 Grad 4 Minuten abzuziehen.

Zu beziehen unter anderem bei Kindel - also offensichtlich aktueller denn je, denn zu meiner Zeit musste ich mühsam recherchieren, und bekam dann ein Leihexemplar aus der Jugendbücherei der Abtei Weinheim - ja so war das damals ohne Internet.

 

Man merkt, dass es wenig von Bord zu berichten gibt - es läuft einfach (den Motor einmal hintenangestellt). Wir stoben im wahrsten Sinne unserem Ziel entgegen. Die angekündigten 25 kn Wind im Mittel sind da, das Schiff fährt unter vollem Großsegel auf Backbord und ausgebaumt, damit ca. 40% Genua auf Steuerbord mit leicht raumen Wind von Steuerbord auf direktem Kurs nach St Lucia. Nun sind SOG, also Geschwindigkeit über Grund (GPS Wert, der von der Geschwindigkeit durchs Wasser wegen vorhandener Strömungen abweicht) gleich mit der VMG (Velocity Made Good), also der Geschwindigkeit zum Ziel. Segelt man nicht auf direktem Kurs zum Ziel, so reduziert sich natürlich die Geschwindigkeit. Bei den Positionsreporten des WCC zur ARC wird letztere Geschwindigkeit und damit nicht (immer) die tatsächliche Geschwindigkeit über Grund angeben.

 

Seit gestern Abend verzichten wir auf weiteres "Pressing" durch noch größere Segelfläche, um das Schiff  ständig an der Rumpfgeschwindigkeit zu halten und darüber hinaus zu pressen, nachdem der Einsatz unseres Genackers anstelle der Gerefften Genua immer noch zu einem Verlust von ca. o,5 sm pro Stunde gegenüber der Aqualuna, berechnet über 12 Stunden, geführt hat. Dann kann man auch Material schonen, und die Fakten anerkennen.

 

So saust die Bluewater Mooney Gischt schäumend, bei einer durchlaufenden Welle gurgelnd, sich einmal schüttelnd, um dann wieder auf 9.5 kn zu beschleunigen durch die Nacht und das schon seit heute Morgen - Wahnsinn! Wir haben vorhin die Restdistanz von unter 800 sm erreicht, und dabei eine zurückgelegte Strecke von 2070 sm hinter uns. Wenn es so weiter geht, würden wir St Lucia am 07.12. und damit nach 15 Tagen und x Stunden erreichen - aber daran glaube ich noch nicht, denn diese Rauschefahrt kann nicht noch die nächsten drei Tage so weiter gehen - so viel Glück kann man nicht haben.

 

Hinter uns zuckeln noch etliche Teilnehmer der ARC mit zum Teil 600 sm Rückstand. Klingt gemütlich, doch gerade dieses Feld muss ab morgen mit Starkwind bis 8 Windstärken rechnen, hoffentlich sind diese Yachten darauf eingerichtet.

 

Und jetzt natürlich noch zum Motor.

 

Wir haben heute einige Tests gemacht und zig Telefonate geführt. Wir sind der Ansicht, dass es am Anlasser liegt. Diesen Verdacht hat uns übrigens auch, als wir noch in der Diagnose steckten, Jürgen Schrier per Mail geäußert, ein Clubkamerad der drei Jungs vom SVLF, Segelverein Lemkenhafen Fehmarn, dem ich an dieser Stelle danken möchte! Danken möchte ich auch Horst von Hörsten, Hallberg Rassy Deutschland, den wir immer anrufen können, und dies auch mit immer neuen kniffeligen Problemen in Anspruch nehmen. Allerding bekommt Herr von Hörsten auch immer eine Rückmeldung, wie das Problem letztlich gelöst werden konnte, so dass die Erfahrung weitergegeben werden kann. Mit unserer Vermutung haben wir uns dann an Ulrich Meixner gewandt, um mit ihm einen neuen Starter zu organisieren. Aber wie der Zufall es will, nach Übersendung der Part-Nummer mit Gerätezeichnung meint er, einen neuen Starter auf Lager zu haben - super!

 

An Bord führen wir übrigens etwa einen Meter Ordner mit Manuels in Papierform. Diese sind nur ein Bruchteil aller Manuels, die sich auf Ausrüstung beziehen. Diese haben wir sowohl auf unseren Rechnern an Bord, als auch abrufbar auf unserer Internetseite. Dabei werden alle recherchierten Manuels in allen verfügbaren Sprachen vorgehalten. Dank Bernd haben wir jetzt zum Beispiel alle Volvo Manuals neben deutsch und englisch jetzt auch in Spanisch, portugiesisch, französisch und noch einigen anderen mehr. So können wir uns sehr schnell mit Technikern austauschen, auch wenn wir deren Sprache nicht sprechen sollten. Mit Hilfe der Manuels auf der Internetseite konnten sich schon Techniker aufschalten und uns per Satellitentelefon Reparaturhinweise geben oder Teile besorgen, um diese bei der Ankunft bereits vorzuhalten. Sollten HR 54 Segler mitlesen, wir geben gerne eine Kopie davon weiter!

 

So, das wäre es für heute - es ist jetzt 05:04:19 Uhr, und ich gehe hoch zu Bernd, um ihm Gesellschaft zu leisten, Jürgen und Martin versuchen zu schlafen.


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