Ludwig, unser kleiner Gast, hat sich in seinem Karton gut erholt und wurde am Abend langsam unruhig. Die Krankenschwestern wurden beschimpft, die Diagnose der auf dem Schiff versammelten tierärztlichen Kompetenz in Frage gestellt und massive Versuche unternommen, den Interkontinentalflug entgegnen den ärztlichen Rat bereits in der Nacht fortzusetzen. Im Rahmen einer außerordentlichen, nächtlichen Visite wurden entschieden, den Patienten bis zum kommenden Morgen mit einem Küchenhandtuch über dem Karton ruhig zu stellen. Eine Maßnahme, die außerordentlich erfolgreich war und daher ins "Bordbuch für die Heilung von Meeresvögeln, Fischen und schwimmenden Säugern" aufgenommen wurde. Am Morgen verließ Ludwig die Krankenstation, um vom Cockpit aus einen Blick in den Himmel zu werfen. Das Befinden des Patienten war derart, dass die versammelte Ärzteschaft einer Entlassung des Patienten zustimmte. Frohen Mutes flog Ludwig dann, gestärkt von den Körnern unserer Brotbackmischung, dem Horizont entgegen. Auf Wiedersehen in Saint Lucia, Ludwig!!
Heute wurde zum ersten Mal der Spinnaker gesetzt. Alles ganz easy! Mann nehme: Den Spinnaker, den reparierten Spinnakerbaum, ein Spifall, zwei Spischotten mit Schnappschäkel, zwei Achterholer, zwei Barberholer, einen Topnanten, einen Niederholer, vier Umlenkblöcke und vier Winschen, befestige alles auf die richtige Weise und setze das Segel. Na, hätte niemand gedacht, dass es so einfach ist, gell! Der Spinnakerbaum ist unseren Erwartungen gerecht geworden und hat seinen Dienst ordnungsgemäß verrichtet.
Im Rahmen der täglichen Überprüfung sämtlicher Sicherheitseinrichtungen, mussten wir leider feststellen, dass sich ca. 200 l Seewasser in der Motorbilge befanden. Auch die gesamte Batteriebank, sämtliche Verbraucherbatterien und die Starterbatterie, waren wieder unter Wasser. Das in die Batteriezellen eingedrungene Seewasser führte zur Bildung von Chlorgas dessen stechender Geruch sich im gesamten Schiff ausbreitete. Da sich bei einer Entfernung von 800 Seemeilen zum nächsten Land, die Frage "Lüften ODER Lenzen" nicht stellte, steckten Viethe und Frank die Köpfe sofort in den Motorraum und füllen die Eimer, die dann über eine aus drei Eimern bestehende Eimerkette außenbords befördert wurden. Die Hülle (Nicht-Skipper-Frank) und Andreas rissen sämtliche Luken auf, um ein Minimum an Frischluftversorgung für die Lenzmannschaft zur Verfügung zu stellen. Schnell zeigte sich, dass der Wasserspiegel sank und kein weiteres Wasser ins Schiff eindrang. Ursache des Schadens war, wie sich später herausstellte, ein gebrochener Abgasschlauch. Wir hatten kurz zuvor zum ersten Mal den Motor verwendet, um einem Flautengebiet zu entfliehen. Dabei lief der Motor mit 2200 Umdrehungen/Minute. Bei dieser Drehzahl trat Kühlwasser aus dem Schlauch aus und gelangte in die Motorbilge. Bei einer Drehzahl von 1500 Umdrehungen/Minute, die von uns die Tage zuvor zum Laden der Batterien verwendet wurde, war das nicht der Fall. Die Leckstelle konnte von unserem Skipper mit Bordmitteln abgedichtet werden.
Leider haben wir jetzt keine Verbraucherbatterien mehr. Diese mussten, bedingt durch die starke Auslassung von Chlorgas, ausgebaut und im Freien gelagert werden. Von der Starterbatterie ist augenscheinlich lediglich
eine Zelle beschädigt. Die Batterie wurde abgeklemmt und wird von nun an ausschließlich zum Starten des Motors angeschlossen. Wir hoffen, dass sie noch einen Weile durchhält, denn weitere Ladevorgänge wollen wir zur Vermeidung von Ausgasungen nicht mehr durchführen. Die elektrische Versorgung erfolgt nun über eine Batterie, die für die Notfallversorgung der Navigationsinstrumente vorgesehen ist und die sich an erhöhter
Position unter der Naviecke befindet. Nun ist Stromsparen angesagt und der Motor wird sicherlich häufiger laufen um die kleine Batterie wieder zu laden.
Was lernen wir daraus? Es wichtig, zwei starke Raucher wie Frank und Viethe an Bord zu haben, denn Teer in den Lungen hat eben doch sein Gutes wenn bei Chlorbegasung gearbeitet werden muss!
United we stand, god bless the Sunrise
Ulf, Frank (Hülle), Frank, Robert, Andreas, Hans, Dirk, Peter